So schnell sind vier Wochen um. Von Lugo sind es nur noch 100 km bis Santiago. Ganz schön verrückt, finde ich. Morgen ist voraussichtlich meine letzte komplette Etappe auf dem Primitivo, bevor er in Melide auf den Francés mündet. Jetzt gilt es jeden Tag mindestens 2 Stempel zu sammeln, wenn man die Compostela erhalten möchte. Fotos vom Credential werde ich posten, wenn das Kapitel Camino de Santiago 2018 abgeschlossen ist.
Kategorie: Camino de Santiago
Tag 27 – O Cádavo
Keine Ahnung, was der Name hier bedeuten soll, aber das Kaff hat nicht mal eine Wikipedia-Seite. Trotzdem niedlich hier. Morgens begrüßte mich mal wieder der Nebel des Grauens.
Und es sollte eine härtere Etappe werden. Nachdem ich gestern auf dem Weg nach A Fonsagrada an folgendem Schild vorbeigekommen bin
habe ich beschlossen, das Stück (ca. 2 km) nochmal zurückzulaufen um die alternative Route zu nehmen. Ja, hauptsächlich weil „schwer“ dran stand ?. Es war etwas abenteuerlich.
Nanu? Wo ist Weg?
Zum Glück ging es nicht so weiter. Irgendwann trafen sich beide Wege und ab da sah ich auch wieder den ein oder anderen Pilger.
2 Gems habe ich noch in der gestrigen Herberge geknipst, die ich nicht vorenthalten möchte:
Tag 26 – A Fonsagrada
Kurze Etappe heute, aber trotzdem schön. Ich laufe den Camino Primitivo zu 95% alleine, so habe ich mehr Zeit um mich auf den Weg zu konzentrieren und über mich selbst nachzudenken. Es ist unglaublich, was so in meinem Gehirn alles herumspukt, das in einer freien Minute sich irgendwie dann den Weg ans Tageslicht bahnt.
Tschüss Asturien, hallo Galicien!
In jeder der spanischen Gemeinschaften sehen die Wegweiser für den Camino etwas anders aus. Da Santiago natürlich auch in Galicien liegt und auch noch dessen Hauptstadt ist, haben sie sich hier wohl nicht lumpen lassen.
Jupp, jetzt kann man sich alle paar Meter daran erinnern lassen, wie weit es noch ist ?. Auf dem Francés haben die Kilometerplatten fast überall gefehlt, muss gestehen, dass sich so eine bestimmt gut als Souvenir macht, aber kommt natürlich für mich nicht in Frage hier Vandalismus zu betreiben. Die Angabe mit drei Nachkommastellen finde ich allerdings etwas drüber.
„Puh, die Windräder sind ganz schön weit oben“, waren meine letzten Gedanken, bevor klar war, dass es da lang geht.
Tag 25 – Castro
Einer dieser Tage, an denen die Etappenwahl wenig Spielraum lässt. 16 km bis Grandas de Salime, 21 bis Castro oder 41 bis A Fonsagrada. Ich hab mich für die goldene Mitte entschieden und die freie Zeit dann für ein verlängertes Frühstück sowie Pausen bei jeder Gelegenheit genutzt.
Während gestern noch die Kühe durchs Dorf getrabt sind und ich mein Handtuch so gerade vor der Wiederkäuung retten konnte, geht es dann heute dann eher durch Wald und über Straße.
Erste Amtshandlung -> hoch. Wenn man nicht genau hinschaut, könnte man meinen, das Meer sei zu sehen. Aber es ist eher, als hätte ein überdimensionaler Riese ein Kännchen Milchschaum ins Tal gegossen.
Danach geht es logischerweise wieder runter, richtig interessant, sobald sich der Nebel nähert, wird es schlagartig kühl. Unten gilt es den Stausee über die Mauer zu überqueren – um dann wieder hochzuklettern.
Bei wolkenlosem Himmel ist solch ein Weg ein echtes Geschenk:
Und das Domizil für heute:
Absolut idyllisch. Sehr freundliche Menschen. Madame spricht sogar englisch.
Vor Jahren habe ich schon mal den ein oder anderen kennengelernt, der mir erzählte, er ginge den Jakobsweg oder einen Teil davon. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen und hielt das für religiöse Spinnerei. Selbst als ein guter Freund 2016 Fotos vom Strand und die typischen Kaffee-zum-Frühstück-Bilder aus Portugal schickte, ging mir das ehrlich gesagt hier rein, da raus. Warum ich seiner Empfehlung, das auch zu tun, relativ widerstandslos folgte und mir vornahm, direkt den ganzen Francés zu laufen, kann ich heute überhaupt nicht mehr sagen. Aber es war eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Ich hatte einfach genug Selbstvertrauen und Offenheit für was Neues und nachdem mich das Buch von Hape Kerkeling zu Tränen gerührt hatte, gab es keinen Zweifel mehr, dass das das richtige ist.
Jeder Weg ist anders und meine „Erwartungen“, dass sich das Erlebnis vom letzten Jahr wiederholt, wurden enttäuscht – doch was ich bisher erfahren durfte, ist allemal genauso toll.
Sonnenuntergang:
Tag 24 – La Mesa
Das war heute wohl bisher die schönste Etappe. Im Nebel geht es den Berg rauf, aber nicht zu knapp. Der Weg ist zum Teil sehr uneben und steil, jedoch haut mich die Landschaft echt von den Socken. Mit dem Wetter habe ich auch Glück gehabt, oben scheint die Sonne. Nach 5 Stunden bin ich drüber und dann sind es nur noch 5 km bis ins nächste Dorf. Allerdings reicht es mir da doch noch nicht und die 4,4 bis La Mesa (das heißt wohl „Der Tisch“) sind dann auch noch zu schaffen. Hier gibt es eine krachneue Herberge, alles vom Feinsten, ich kann sogar mit Karte bezahlen und bin tatsächlich der erste hier, unteres Bett ??.
Bergab ist echt heftig, einmal für die Knie und dann haben meine Schuhe so wenig Profil, dass es ein bisschen wie auf Murmeln laufen ist ?. Obwohl ich mehrere Male ausrutsche und stolper, falle ich nicht einmal richtig hin.
Die Statistik, die die Health-App vom iPhone ausspuckt, ist in Bezug auf Strecke und Höhenmeter leider nicht besonders genau, was die Anzahl der Schritte angeht, halte ich den Output aber für durchaus realistisch. Seit ich in Frankreich gestartet bin, habe ich über 1 Million Schritte gemacht ?. Das entspricht bei mir ca. 4,5 normalen Monaten daheim.
Ich finde langsam wirklich Gefallen an Spanien, viel Natur, gutes Wetter, günstiges Essen, die Leute sind freundlich, man wird auf der Straße gegrüßt. Wer weiß, vielleicht bleibe ich hier irgendwann mal für länger.