Kategorie: Camino de Santiago

Tag 33

Immer noch Santiago. Nachdem ich gestern ein T-Shirt gesehen habe, an dem ich nicht vorbeilaufen konnte, ist es heute Zeit es mit Stolz zu tragen. Normale Baumwoll-Shirts eignen sich nicht zum Pilgern, da sie nur sehr schlecht trocknen und daher beim Schwitzen nicht unbedingt angenehm sind, für einen Ruhetag aber optimal. Ich checke aus der Herberge aus und treffe mich mit einem Pilgerfreund, den ich vergangenes Jahr auf dem Francés kennengelernt habe, zum Frühstück. Danach geben wir unsere Rucksäcke in Verwahrung um in die Messe zu gehen. Wir sind schon eine Stunde früher da, sonst gibt es meist keine Sitzplätze mehr, der Andrang ist enorm. Leider sehen wir diesmal nicht, wie der Weihrauchkessel durch das Kirchenschiff schwingt, man kann halt nicht immer Glück haben.

Danach stößt noch eine deutsche Pilgerin zu uns, die ich gestern kennengelernt habe, und wir widmen uns den klassischen Santiago-Aktivitäten: Essen, Kaffeetrinken, Souvenirs gucken. Später bringe ich sie noch zu ihrem Flughafenshuttle und schlendere dann zum Abholort meines BlaBlaCars.

Die zwei Tage Ruhe haben gut getan, so langsam setzt sich Vieles. Ich bin seit über einem Monat in Spanien, es ist so viel passiert, das will erst mal alles verarbeitet werden. Eindrücke, Begegnungen, Gedanken und Gefühle. Tausende davon. Ich finde es jedes Mal aufs Neue ziemlich surreal. Obwohl ich normalerweise nicht in die Kirche gehe, war das irgendwie ein besonderes Ereignis. So viele Leute, die alle Hunderte von Kilometern hinter sich gebracht haben, nur um jetzt hier zu sein. Für mich war es eine Reise durch fast das ganze Land. Eine Strecke, die man locker an einem Tag mit dem Auto fahren oder natürlich noch schneller fliegen kann. Aber das zu laufen ist eine ganz andere Geschichte.

Tag 32

Der erste Ruhetag seit langem. „Ausschlafen“ (bis 9:30 Uhr muss man hier raus sein), ein Kaffee und dann in die Stadt. Ich gönne mir einen ausgiebigen Besuch beim Barbier und fühle mich endlich mal wieder wie ein Mensch. Danach ein bisschen durch die Stadt laufen und noch alles angucken, leckeres Eis haben sie! Später steht Wäsche waschen auf dem Programm. Ich sehe in der Stadt einige bekannte Leute wieder, die vielleicht einen Tag mehr gebraucht haben oder die ich einfach gestern verpasst habe, kein Wunder bei den Massen an Menschen, viele steigen schließlich auch woanders ab. Sobald die Sonne untergeht, wird es rasch Zeit, eine Jacke überzuziehen. Da ich morgen wieder früh raus muss, werde ich heute nicht alt. Noch ein paar interessante Gespräche auf den Stufen vor der Herberge und danach geht’s in die Falle.

Tag 31 – Santiago de Compostela

Das Finale. Heute bin ich sogar als erster aus dem Haus. Es begrüßte mich der morgendliche Nebel, manchmal ganz praktisch, wenn man einfach nur die nächsten Schritte sehen kann. Die Landschaft ist wie schon öfter beschrieben nahe der Stadt nicht so der Hammer und es sind ziemlich viele Leute unterwegs. Nachdem ich einmal für Frühstück Halt mache, bin ich gegen viertel vor eins endlich in meiner Unterkunft in Santiago angekommen. Die Sonne scheint. Da ich erst ab halb zwei ins Zimmer kann, verbringe ich draußen die Zeit mit Gesprächen. Danach endlich eine Dusche und ab in die City zum Pilgerbüro. Die Schlange ist wie erwartet lang, hier kommen schließlich alle Wege zusammen und die meisten wollen sich die Urkunde abholen. Nach knapp 2 Stunden bin ich dran. Diesmal kein Gemecker wegen fehlender Stempel wie letztes Jahr. Bei der Distancia haben sie mich etwas betuppt und nur den Weg ab San Sebastián gezählt, 787 km – in Wirklichkeit bin ich aber eher 900 gelaufen, naja. Den Zettel kann ich mir jetzt in die nicht vorhandene Vitrine in meiner nicht vorhandenen Wohnung stellen ?. Während der Wartezeit habe ich zwei Mädels kennengelernt, mit denen ich im Anschluss was essen gehe. Es gibt Tequeños und Tortilla. Abends treffe ich noch 2 Pilger, die ich am Anfang auf dem Francés kennengelernt hab, danach zurück zur Herberge und noch ein bisschen draußen auf den Stufen sitzen und schnacken.

Blick von der Herberge aus:

Le Kathedrale:

Tag 30 – A Salceda

Ein lustiger Tag, bin wie immer fast der letzte, der die Herberge verlässt. Als Frühstück gibt’s ein Twix und einen Automatenkaffee ??. Der Weg Richtung Melide ist relativ monoton, es kommt lediglich eine räudige Bar, die für ein ordentliches Frühstück nicht in Frage kommt. Dort gab es nur Tortilla Francesa, eine kulinarische Schande. Wer auf die Idee gekommen ist, ein Omelett zwischen ein Baguette zu stopfen, kann auch nur Franzose gewesen sein. In Melide gibt es dann aber zum Glück was Anständiges. Kurz danach geht es auf den Francés und auf einmal sind direkt 10 mal so viele Pilger unterwegs. Trotzdem läuft es sich ganz entspannt. Die Herberge, in die ich zuerst wollte, hat mir nicht so zugesagt, die nächste ist voll. Finde dann aber doch noch eine Bleibe gegen 18 Uhr und bin froh, denn mittlerweile steht die Sonne unangenehm tief, dass auch der Hut nichts mehr nützt, und ich bin auch echt erledigt. Für Morgen ist schon alles geklärt, ich gönne mir mal ein Einzelzimmer und danach schaue ich, was der Tag so bringt.

Tag 29 – As Seixas

Gesundheit! Bei dem Ortsnamen bin ich mir nicht mal der Aussprache sicher. Ein klassischer „Raus aus der Stadt“-Tag, viel Straße, wenig Abwechslung. Die Nähe zum Francés ist optisch klar zu erkennen, finde ich. Unterwegs kommt mal so gar nichts, eine kleine Taverne, die nur ein paar Getränke bietet, welche von einer grantigen Spanierin, die heute vermutlich mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, ausgehändigt werden. Der Reiseführer empfiehlt Ferreira als Tagesziel, immerhin gibt es hier ein „Restaurant“, in dem ich ein Bocadillo zu Mittag schnabuliere. Am Sonntag will ich in Santiago sein und ein bisschen Mathe beherrsche ich zum Glück noch, also geht es noch mal 6 km weiter. In As Seixas gibt es wirklich nichts. Eine Herberge und 2 Vendingmachines. Um halb sieben fährt ein Wagen vor, bei dem man Empanadas, Brot und Kuchen kaufen kann. Die einzige Bar hat geschlossen. Trotzdem ist die Hütte voll, die Stimmung ist am Anschlag. Die Spanier sitzen zusammen und singen, der Rest nimmt das Spektakel mit der Handykamera auf. Meine Klamotten sind wieder sauber und so freue ich mich auf die hoffentlich nicht zu kurze Nacht.

Le Herberge, den Pool hatte ich mir allerdings etwas anders vorgestellt.

Ab und zu laufen hier große Hunde frei rum, nichts für schwache Nerven.

Einfach nur schön: