Immer noch Santiago. Nachdem ich gestern ein T-Shirt gesehen habe, an dem ich nicht vorbeilaufen konnte, ist es heute Zeit es mit Stolz zu tragen. Normale Baumwoll-Shirts eignen sich nicht zum Pilgern, da sie nur sehr schlecht trocknen und daher beim Schwitzen nicht unbedingt angenehm sind, für einen Ruhetag aber optimal. Ich checke aus der Herberge aus und treffe mich mit einem Pilgerfreund, den ich vergangenes Jahr auf dem Francés kennengelernt habe, zum Frühstück. Danach geben wir unsere Rucksäcke in Verwahrung um in die Messe zu gehen. Wir sind schon eine Stunde früher da, sonst gibt es meist keine Sitzplätze mehr, der Andrang ist enorm. Leider sehen wir diesmal nicht, wie der Weihrauchkessel durch das Kirchenschiff schwingt, man kann halt nicht immer Glück haben.
Danach stößt noch eine deutsche Pilgerin zu uns, die ich gestern kennengelernt habe, und wir widmen uns den klassischen Santiago-Aktivitäten: Essen, Kaffeetrinken, Souvenirs gucken. Später bringe ich sie noch zu ihrem Flughafenshuttle und schlendere dann zum Abholort meines BlaBlaCars.
Die zwei Tage Ruhe haben gut getan, so langsam setzt sich Vieles. Ich bin seit über einem Monat in Spanien, es ist so viel passiert, das will erst mal alles verarbeitet werden. Eindrücke, Begegnungen, Gedanken und Gefühle. Tausende davon. Ich finde es jedes Mal aufs Neue ziemlich surreal. Obwohl ich normalerweise nicht in die Kirche gehe, war das irgendwie ein besonderes Ereignis. So viele Leute, die alle Hunderte von Kilometern hinter sich gebracht haben, nur um jetzt hier zu sein. Für mich war es eine Reise durch fast das ganze Land. Eine Strecke, die man locker an einem Tag mit dem Auto fahren oder natürlich noch schneller fliegen kann. Aber das zu laufen ist eine ganz andere Geschichte.